Kenner und Wölfle: „Die Landesregierung hat im Bereich der Pflege keinen Plan und Überblick“

SPD-Fraktion kritisiert die Pflegeplanung von Sozialminister Lucha in zentralen Punkten

Sozialausschussmitglied Andreas Kenner, selbst gelernter Altenpfleger, und seine Fraktionskollegin Sabine Wölfle, sozialpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, kritisieren die Pflegeplanung von Sozialminister Lucha in zahlreichen zentralen Punkten: „In Baden-Württemberg suchen Pflegebedürftige und ihre Angehörigen sowie die Krankenhaussozialdienste mitunter verzweifelt nach freien Pflegeplätzen. Noch im Frühjahr 2019 ignorierte der zuständige Sozialminister Lucha das Problem und sprach von 10.000 freien Heimplätzen in Baden-Württemberg.  Inzwischen spricht auch das Sozialministerium plötzlich von einer ,besorgniserregenden Situation‘ in der Versorgung mit Pflegeplätzen.“

Fatal: Große Anfragen der SPD-Fraktion zum Themenfeld „Pflege“ ergaben, dass die Landesregierung keinen aktuellen Überblick hat, wie viele Plätze in Pflegeheimen oder in der Tagespflege in Baden-Württemberg tatsächlich belegt werden können: „Viele in der letzten Erhebung von Dezember 2017 als unbelegt gemeldeten Pflegeplätze können die Pflegeheime nicht aufgrund einer mangelnden Nachfrage belegen, sondern aufgrund von Personalmangel“, erläutert Andreas Kenner.

Ein weiteres großes Defizit sehen Kenner und Wölfle darin, dass Minister Lucha die Möglichkeit der Pflegestrukturplanung des Landes bzw. des Landes gemeinsam mit den Kommunen nach dem Pflegeversicherungsgesetz so gut wie nicht wahrnimmt. „Es ist ihm überhaupt nicht wichtig, dass die baden-württembergischen Stadt- und Landkreise eine Pflegeplanung erstellen. Und von seiner gesetzlichen Verpflichtung, die Kommunen dabei zu unterstützen, hat er sich mit grün-schwarzer Mehrheit im Landtag entbinden lassen“, stellt Andreas Kenner klar. So musste das Sozialministerium auf SPD-Nachfrage erst einmal die Information anfordern, welche Stadt- und Landkreise einen Kreispflegeplan erstellt haben, wie das im Landespflegegesetz vorgesehen ist. Und von den 44 Stadt- und Landkreise haben auch gerade einmal 23 geantwortet. Konsequenz für die Kreise, die nicht antworteten: keine.

Sabine Wölfle ergänzt: „Anstatt seiner Kontroll- und Aufsichtspflicht nachzukommen, konzentriert sich Minister Lucha in der Pflegepolitik einseitig auf die ,beteiligungsorientierte Quartiersentwicklung‘ und verteilt Schecks für Modellprojekte in der Bürgerbeteiligung statt Notlagen in der Pflege wirksam zu bekämpfen. Die weiteren zahlreichen Empfehlungen der sehr gelobten Enquetekommission Pflege aus der letzten Legislaturperiode des Landtags setzt er leider völlig unzureichend um.“

Für Kenner und Wölfle ist generell der Fachkräftemangel das größte Problem in der Pflege. Um diesen endlich sinnvoll und zeitnah zu bekämpfen, habe der Bund mit den Ergebnissen der „Konzertierten Aktion Pflege“ eine wirklich gute Vorlage erstellt. „Schade nur, dass sich die Landesregierung nicht an alle Vereinbarungen halten will. Beispielsweise soll in Baden-Württemberg die Anzahl der Studienplätze für Pflegefachkräfte nicht weiter erhöht werden. Und für die Digitalisierung in der Pflege gibt es außer im Bereich der Dokumentation keine angemessene Strategie für die Altenpflege“, moniert Sabine Wölfle.

Die SPD-Pflegeexperten kommen zu folgendem deutlichen und vernichtenden Urteil: „Sozialminister Lucha und mit ihm die Landesregierung kommen ihrem gesetzlichen Auftrag aus § 9 SGB XI nur unzureichend nach. Dort steht nämlich eindeutig: ,Die Länder sind verantwortlich für die Vorhaltung einer leistungsfähigen, zahlenmäßig ausreichenden und wirtschaftlichen pflegerischen Versorgungsstruktur‘.“