Behindertenbeauftragte Verena Bentele: "Barrierefreiheit sollte Pflicht werden"

Fachgespräch Inklusion in den Werkstätten Esslingen-Kirchheim und Betriebsbesichtigung bei der Firma Reinert in Bissingen/Teck

Andreas Kenner, MdL und Dr. Nils Schmid, MdL und Bundestagskandidat für den Wahlkreis Nürtingen, freuten sich, am 28.4.2017 mit Verena Bentele die Behindertenbeauftragte der Bundesregierung im Wahlkreis Kirchheim begrüßen zu dürfen. Verena Bentele, die von Geburt an blind ist, übt dieses wichtige Amt seit 2014 aus. Zuvor war sie Leistungssportlerin und 12-fache Paralympics-Siegerin im Biathlon und Skilanglauf.

Auf dem Foto von links nach rechts: Andreas Kenner (MdL), Dr. Nils Schmid (MdL) Geschäftsführer Holger Barkhausen und Verena Bentele.

Zunächst stand eine Betriebsbesichtigung bei der Firma Reinert Kunststofftechnik in Bissingen/Teck an. Mitgeschäftsführer Holger Barkhausen führte durch den Betrieb. Die Firma Reinert beschäftigt schon lange Menschen mit Behinderung, im Rahmen einer Außenarbeitsgruppe der Werkstätten Esslingen-Kirchheim (WEK). Die Firma wurde 2012 mit dem Mittelstandspreis für soziale Verantwortung ausgezeichnet. Verena Bentele war beeindruckt, wie gut bei der Firma Reinert das gemeinsame Arbeiten von Menschen mit und ohne Behinderung funktioniert. Im Anschluss gab es ein Fachgespräch Inklusion in der Kantine der WEK in Kirchheim/Teck. An dem Fachgespräch nahmen rund 40 Vertreter von Behinderteneinrichtungen und Verbänden sowie Werkstatträte und sonstige Betroffene teil. Dr. Nils Schmid, der die Moderation übernahm, zeigte sich erfreut über den großen Zuspruch.

Volker Ditzinger, Geschäftsführer der WEK, betonte, dass die Förderung der Selbstständigkeit der rund 400 behinderten Beschäftigten ein wichtiges Anliegen der Betreuer sei. Diese würden sich als Assistenten und nicht als Anleiter verstehen. Stolz zeigte sich Volker Ditzinger über die Vermittlungsquote der WEK in den ersten Arbeitsmarkt: Diese liege mit 3 bis 5 Prozent deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Verena Bentele stellte sich und ihre Arbeit als Behindertenbeauftragte der Bundesregierung vor. Die Themen „Barrierefreiheit“ und „Inklusion“ seien ihr besonders wichtig. Vor diesem Hintergrund kritisierte Bentele, dass die Barrierefreiheit in der Privatwirtschaft noch immer nicht verpflichtend sei. Sie leiste viel Öffentlichkeitsarbeit und absolviere regelmäßig Firmen- und Werkstattbesuche, so Bentele weiter. Zentral sei ihre Mitwirkung am Bundesteilhabegesetz (BTHG) der Bundesregierung gewesen. Das BTHG beinhalte einige Verbesserungen für Behinderte, etwa bessere Schulungen für die Werkstatträte, eine Ausweitung deren Mitspracherechte oder höhere Vermögensfreibeträge. Die anschließenden Fragerunde nutzten die Anwesenden, um Kritik am BTHG anzbringen oder auf  die häufig fehlende Barrierefreiheit an Bahnhöfen und in Arztpraxen und die oft mangelhafte Versorgung psychisch kranker Menschen aufmerksam zu machen. Auch Werkstatträte der WEK meldeten sich zu Wort und schilderten Erfahrungen, u.a. auf dem ersten Arbeitsmarkt, wo ein ganz anderer Druck herrsche und langsames Arbeiten oft nicht akzeptiert werde. Verena Bentele hatte auf jede Frage eine Antwort und überzeugte mit ihrer unkomplizierten, sympathischen Art.

In seinem Schlußwort nahm Andreas Kenner Kritik und Anregegungen aus der Runde nochmal auf: "Barrierefreie Bahnhöfe, elektronische Hilfen für Blinde und Hörgeschädigte, Menschen mit Handicap auf dem ersten Arbeitsmarkt, mehr Unterstützung für Angehörige, mehr Mitsprache für Menschen mit Behinderung und Barrierefreiheit in allen öffentlichen Gebäuden, privaten Geschäften, Arztpraxen, Gaststätten und Cafés sollten selbstverständlich sein. Es gibt noch viel tun." Er forderte deshalb alle Anwesenden auf, mit ihm regelmäßig in Kontakt zu bleiben.