Aus der Jugendhilfe in ein eigenständiges Leben

Andreas Kenner MdL: „Ich bin davon beeindruckt, wie viele junge Menschen trotz schwerer Startbedingungen ihren Weg machen.“

Der Übergang in das junge Erwachsenenleben ist für den weiteren Lebensweg von Jugendlichen entscheidend. Häufig werden jedoch diejenigen abgehängt, die in Heimen oder Pflegefamilien aufgewachsen sind, sogenannte Care Leaver. Mit Eintritt der Volljährigkeit und spätestens mit Vollendung des 21. Lebensjahres haben sie keinen Rechtsanspruch mehr auf solche Jugendhilfeangebote. Sie sind ganz auf sich allein gestellt, was den Weg in die Selbständigkeit erheblich erschwert. Im Projekt „Care Leaver – Wege in die Selbstständigkeit“ der Martin-Bonhoeffer-Häuser in Tübingen und des Albert-Schweitzer-Kinderdorfs in Waldenburg wurde zusammen mit Care Leavern Konzepte für ein Übergangsmanagement von der Jugendhilfe in die Selbständigkeit erarbeitet, diskutiert und erprobt. Das Projekt läuft drei Jahre (2016 –Januar 2019) und wird von Aktion Mensch gefördert.

„Die Berichte der jungen Menschen in Betreuung der Jugendhilfe haben mich beeindruckt. Mir wurde klar, wie viel Unterstützung beispielweise meine Kinder bekommen haben, als sie nicht mehr daheim gewohnt aber noch in Ausbildung und Studium waren. Ohne Elternhaus ist diese Unterstützung nicht vorhanden“, sagte der SPD-Landtagsabgeordnete und Sprecher für Jugendpolitik Andreas Kenner: „Um die eigene Identität zu entwickeln und seinen Platz in der Gesellschaft zu finden braucht es Unterstützung. Unser System der Jugendhilfe ist sehr differenziert. In der Regel gibt es aber ab 21 Jahren keine Unterstützung mehr. Im Gegensatz zu früher sind da junge Menschen häufig noch im Übergang von der Schule oder Ausbildung zum Beruf.“ Deshalb müsse die öffentliche Fürsorge beziehungsweise Jugendhilfe auch nach Eintritt der Volljährigkeit für Care Leaver verantwortlich bleiben und für sinnvolle Übergänge in die Selbstständigkeit sorgen.

“Die meisten jungen Menschen, die in der Jugendhilfe unterstützt werden, machen trotz schwieriger Startbedingungen ihren Weg. Davon bin ich sehr beeindruckt“, betont Kenner. Bei der Veranstaltung wurde klar, dass es nicht um eine längere vollstationäre Unterbringung in der Jugendhilfe geht, sondern um eine weitere Unterstützung. Viele der jungen Menschen berichteten, dass sie nach dem Ende der Jugendhilfe mit Schulden ins Erwachsenenleben starten. „Das Geld, das sie sich ersparen konnten langt nicht für die notwendigen Ausgaben wie den ersten Hausstand, Mietkaution, Führerschein und Auto, um für einen Job mobil zu sein“, gibt Kenner zu bedenken. Dafür braucht es anstatt einem Ende der Jugendhilfe (Care-Leaving) eine Care-Transformation, also einen Wandel der Unterstützungsformen.